Die Art der Protestaktionen stammt aus dem letzten Jahrhundert und ist symptomatisch für die Haltung der Landwirte. Ungeachtet aller Umwelt- und Klimakatastrophen trägt man seinen Teil zur Luftverschmutzung bei. Würde der Agrardiesel nicht subventioniert, hätte man sich vielleicht über alternative Protestformen Gedanken gemacht. Auto-Korsos und Ähnliches sollte man generell verbieten.
Seit Jahrzehnten wird die Landwirtschaft mit dem zurzeit zweitgrößten Budget (ca. 60 Mrd. Euro) an Subventionen gepäppelt und der Erfolg eines Bauernpräsidenten bemisst sich offensichtlich an der Generierung von EU-Geldern. Bei der zugegeben schwierigen Entflechtung und Gestaltung von Preisen, Tierhaltung, Anbaumethoden und Mengenvorgaben innerhalb der EU braucht es Kreativität, die durch die regelmäßige Zahlung von Subventionen mit der Zeit zu verkümmern scheint. Lobbyismus, Verflechtungen durch Ämterhäufung (Bauernpräsident Rukwied hat allein 18 Ämter in Vorständen u.a. der Agrar- und Lebensmittelindustrie inne), und undurchschaubare Netzwerke bilden ein nahezu undurchdringliches Dickicht, dass für den Machterhalt sorgt. Und trotzdem stimmt die Kasse nicht, obwohl der Bauernverband maßgeblich die Agrarpolitik mitbestimmt und politischen Einfluss wahrnimmt. Eine spürbare Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Bauern ist nicht zu erkennen.
Auch um den Naturschutz ist es nicht gut bestellt. Völlig uneinsichtig werden jegliche Versuche die Landwirtschaft auf eine ökologisch vertretbare Basis zu stellen als Zumutung empfunden und entsprechend torpediert (siehe: u.a. Insektenschutzgesetz 2022). Selbst verursachte Umweltschäden werden negiert. Dass die Bauernvertreter im Grunde nichts ändern wollen, zeigte sich im Zusammenhang mit der Gülleverordnung 2020. 20 % weniger Gülle sollte auf den Feldern ausgebracht werden, da Nitrat das Trinkwasser zunehmend verseuchte. Ein Aufschrei ging durch die Bauernschaft. Allen Ernstes machte man den Vorschlag, man solle den Nitratgehalt doch an anderen Messstellen überprüfen. Um den Bürgern vorzugaukeln, dass die Landwirte sich auch um die Ökologie sorgen, werden gerne Blühstreifen kolportiert, was sich auf der gleichen Ebene bewegt wie Ankündigungen der Plastikindustrie auf Luftballonhalter und Wattestäbchen aus Plastik zu verzichten. Ein Armutszeugnis.
Dramatische Verluste bei Vögeln und Insekten scheinen bei den Bauern keine Alarmglocken klingeln zu lassen. Im Gegenteil scheinbar unkritisch setzt man voll auf den Einsatz von chemischen Mitteln (Glyphosat, Neonicotinoide, krebsauslösende Herbi-, Pesti- und Fungizide). Die Verbindungen von Chemie- und Pharmaindustrie mit der Landwirtschaft sind eng genug, dass es den mächtigen Konzernen nicht schwerfällt Studien in Auftrag zu geben, die den Vertrieb und Einsatz der Gifte rechtfertigen und verharmlosen. Auf der Strecke bleiben die natürlichen Ressourcen, wie saubere Luft, gesunde Böden und Gewässer. Gesundheit von Tier und Mensch wird wissentlich massiv gefährdet.
Auch die Ernährungssicherheit wird gerne als Argument hervorgekehrt, um ein wenig Verunsicherung zu verbreiten und die Verdienste der Bauern ins rechte Licht zu rücken. Wessen Ernährungssicherheit ist da eigentlich gemeint? Die des Viehs oder die der Bauern? Die der Bevölkerung wohl kaum, wenn über 60 % der landwirtschaftlichen Flächen der Produktion von Tierfutter dient. Auch wenn es ums Tierwohl geht, stehen Landwirte gerne auf der Bremse, begleitet von dem altbekannten Ruf nach Subventionen.
Vor dem Hintergrund der aufgeführten Verhaltensweisen der Bauern haben sie nicht meine Solidarität. Mal ganz abgesehen von dem denkwürdigen Auftritt am Fährhafen in Schlüttsiel.
Ca. 10 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland sind Ökolandbaubetriebe. Sie sind nicht die Adressaten dieses Artikels!
Quellen: NABU-Studie: „Agrarlobby in Deutschland“ und
Wikipedia unter „Deutscher Bauernverband“
Den Beitrag zu den Traktor-Korsos mancher Landwirte finde ich in weiten Teilen richtig und berechtigt.
Die industrielle Landwirtschaft in der EU und insbesondere bei uns in D ist der Hauptverantwortliche für das zunehmende Artensterben. Wo früher zahlreiche Feldlerchen im Frühjahr in die Luft stiegen, um ihren lauten Reviergesang zu verkünden, muss man heute lange umhergehen, bis sich eine noch findet. Zu lebensfeindlich sind die Anbaumethoden in den letzen Jahren geworden, manchmal müssen schon „Lerchenfenster“ bei verständigen Bauern auf deren Feldern eingerichtet werden, damit sie vielleicht noch eine Brut im Jahr großziehen können.
Viel schlimmer erging es dem Feldhamster, der in meiner Jugend massenweise z.B. auf den Äckern meiner Eltern sein Auskommen fand. Heute ist er so gut wie ausgestorben in Rheinland-Pfalz.
Mit jeder Art, die aufgrund der intensiven und rücksichtslosen Landwirtschaft verschwindet, sterben weitgehend unbemerkt zahllose kleine Tierarten und viele Pflanzenarten aus. Diese fehlen dann im Geflecht eines Lebensraums oder Ökosystems, wodurch diese ihre Funktion nicht mehr ausüben können. Das jedoch wird sich auch negativ auf die Erträge der Landwirtschaft auswirken, denn kein Bauer kann gegen die Natur und ihre Verflechtungen arbeiten.
Deshalb brauchen wir eine nachhaltige Landwirtschaft, die Politik muss darauf hin wirken, dass Landwirte nicht pro Hektar subventioniert werden, sondern wichtige Tätigkeiten und Maßnahmen der nachhaltigen und naturverträglichen Bewirtschaftung entlohnt werden. Nur so sehe ich eine kleine Chance, dem oft unbemerkt ablaufenden Artensterben entgegenzuwirken.
Wir Menschen sind auf eine intakte Natur angewiesen, ohne sie geht die Art Homo sapiens mit den von ihr ausgerotteten Arten zu Grunde.