Immer weiter …
Wenn der Wind richtig steht, hört man schon mal das enervierende „Piep, piep“ der rangierenden Bagger und Laster im Neubaugebiet an der Lettweiler Straße. Denen, die sich dort ansiedeln, sei es von Herzen gegönnt den Traum vom eigenen Häuschen dort zu verwirklichen. In Odernheim zu wohnen kann sehr angenehm sein. Doch der Begriff „Häuschen“ trifft eigentlich nicht mehr zu. Man müsste wohl eher von Palästen sprechen.
In Zeiten der wachsenden Wohnraumknappheit -vor allem in den Städten- sind die Häuser, die dort entstehen in mehrfacher Hinsicht ein Anachronismus. Mag die Größe für manch eine Familie mit vielleicht zwei Kindern noch angemessen sein, so ist sie es nicht mehr, wenn in zehn Jahren die Kinder aus dem Haus sind. Für diesen Lebensabschnitt hat man in der Regel das Haus nicht geplant. Wäre es nicht sinnvoll, wenn so ein Neubau gleich mit zwei Zugängen und einer vermietbaren Wohneinheit konzipiert und gebaut würde? Wenn dann irgendwann der Lebenspartner sich trennt oder verstirbt, wäre es doch ein unschätzbarer Vorteil auf Mieteinnahmen zurück greifen zu können. So aber wohnt nicht selten eine Person auf 200 qm und muss eine übergroße Wohnung unterhalten. Wertvoller Wohnraum geht verloren.
Hinzu kommt die Problematik der Versiegelung. Seit Jahrzehnten errechnen warnende Experten einen Zuwachs versiegelter Fläche von 100 Fußballfeldern pro Tag! Im vergangenen Jahr gab es einen Höchstwert von 55 ha.
Quelle: Zeit-online: ( https://www.zeit.de/green/2023-02/verkehrsflaeche-deutschland-bautaetigkeit-statistisches-bundesamt )
Es ist nicht verwunderlich, denn nahezu jede kleinere und größere Gemeinde (hier z.B. Bad Sobernheim, Meddersheim, Roxheim etc.) ist bemüht Baugrundstücke, Industrie- und Gewerbeflächen auszuweisen, denn so kommt Geld in die oft klammen Kassen. Man muss jedoch kein Mathematiker oder Wissenschaftler sein, um sich die negativen Folgen der gut gemeinten Bestrebungen auszumalen. Naturraum oder potenzielle landwirtschaftliche Fläche wird zerstört. Grundwasserneubildung zusätzlich zur bestehenden Dürre-Problematik gemindert. Die Gefahren von Überschwemmungen werden verschärft.
Wie sehen zukunftsfähige Konzepte für Odernheim aus? Sind beispielsweise Schottergärten schon untersagt? Die Erkenntnisse über die Folgen ungebremster Bautätigkeit sind seit Jahrzehnten vorhanden, doch das Motto lautet scheinbar: „Weiter, immer weiter“ im alten Trott.
Merkwürdig: Trotz anhaltend ausgiebiger Regenfälle sind beide Überlaufbecken an der Lettweiler Straße nahezu trocken. Zeigt sich hier eine der Auswirkungen der massiven Versiegelung?
Die Schlagzeile der Woche:
Kreisgrüne fordern Runden Tisch
Irgendwie logisch !?
Im Öffentlichen Anzeiger vom 14.04.2023
Die Glantalbahn kommt
Nun ist es Gewissheit: Die Glantalbahn soll reaktiviert werden. Viele haben sich schon gefragt, wieso die zwei Draisinenbrücken in Odernheim durch Bauzäune hermetisch abgeriegelt wurden. Aber jetzt kann man es verstehen. Nicht auszudenken, wenn die ersten Probefahrten mit der Glantalbahn versehentlich über die unsicheren Brückenbauwerke geleitet würden. Ist doch gerade erst ein Pferd mitsamt Reiterin, aufgrund maroder Planken, durchgebrochen und in die Uferböschung des Glans gestürzt.
Weite Teile der Brücken befinden sich jedoch noch in einem ordentlichen Zustand und können auf eigene Gefahr (siehe Foto unten) zur Überquerung des Glans genutzt werden. Da es ein wenig Geschick bei der Überwindung der Bauzäune erfordert, kann dort die hiesige Feuerwehr per App benachrichtigt werden und ist dann gerne behilflich. Dies gilt vor allem für RollstuhlfahrerInnen und RollatorbenutzerInnen. Für die Feuerwehr bedeutet es wichtige Übungspraxis. Rettungseinsätze können auf diese Weise unverfälscht simuliert werden.
Die Bausubstanz des Bahnhofgebäudes ist gut. Nur zum Gleis hin werden einige Bauarbeiten vorgenommen werden müssen
Erhalt der Dienstwagenpauschale, gegen ein Tempolimit, Erhalt des Verbrenners mit E-Fuels, mehr Autobahnen …..
Öko-Tourismus
Ich tue das nicht gerne, aber ich muss feststellen, dass ich ein Ökotourist bin. Um noch mal ganz geballt Natur erleben zu können, flog ich für einen Monat nach Kolumbien. Häufiger traf ich Leute, die eine ähnlich gelagerte Motivation für ihre Reise hatten. Und tatsächlich begegnete ich Tieren, die ich – wenn überhaupt- nur aus dem Fernsehen oder dem Zoo kannte: Blattschneideameisen, mir unbekannte exotische Vögel, Faultiere, Brüllaffen, die Geräusche machten, wie ein herannahendes Gewitter, eine drei Meter lange Boa, die den Wanderweg kreuzte, große Echsen, mit auffallenden Zacken auf dem Rücken, große Schmetterlinge in fluoreszierenden Farben u. v. m. Genauso wie wir, nutzen die Kolumbianer die bestehenden Reste der natürlichen Habitate als touristische Attraktion, um daraus wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen. Die unausbleibliche Folge ist eine weitere Reduzierung und Verkleinerung der Lebensräume für Flora und Fauna, an der ich mich zwangsläufig als Ökotourist beteilige.
Auch bei uns sind es Touristen, die im Wald baden, Flowtrails und Pumptracks nutzen, sich auf zertifizierten Wanderrouten bewegen oder sich in Ruheforsten beisetzen lassen. Dazu kommen natürlich die Verkehrsminister, die Forst- und Holzwirtschaft, Versiegelung durch Straßenbau, Windräder, Schottergärten, die eine weitgehend ungestörte Natur verhindern. Zusätzlich gibt es Organisationen, die sich auf die Vermarktung der verbliebenen Natur-Ressourcen spezialisiert haben und daraus ein Geschäft machen. In Kolumbien, ist das nicht viel anders, nur dass die Ressourcen wesentlich größer sind als bei uns, aber natürlich ebenfalls entsprechende Begehrlichkeiten wecken. Verzicht zu leisten scheint häufig nicht durchsetzbar. Naturschutz und Wirtschaftsinteressen in Einklang zu bringen, so dass Lebensräume für Flora und Fauna nicht der Vernichtung preisgegeben werden, ist oft nur ein frommer Wunsch.
Vielleicht ein wenig Hoffnung gibt das aktuell geschlossene Abkommen der UN-Staaten, das den Schutz von 30 % der Weltmeere vorsieht. 15 Jahre lang wurde hart darum gerungen. Immer wieder wehrten sich Staaten unerbittlich dagegen, auf wirtschaftliche Nutzung zu verzichten. Eine vertragliche Grundlage, um das Artensterben in der Hochsee zu stoppen ist jedenfalls auf den Weg gebracht.
Quelle: https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/naturschutz/weltweit/globale-biodiversitaetspolitik/25413.html
Sammelkorb für Plastikflaschen und ein Fisch, der Plastik in sich aufnimmt
Unfall mit Pferd
Wie u.a. der „Öffentliche Anzeiger“ berichtete, geschah am vergangenen Sonntag ein spektakulärer Unfall auf dem Fußgängersteg der südlich gelegenen Draisinenbrücke in Odernheim. Eine Frau auf einem Pferd nutzte den Steg um die Glanseite zu wechseln. Dem Gewicht hielten die Holzbohlen nicht stand. Pferd und Frau stürzten etwa drei Meter tief in die Böschung des Glanufers. Das Pferd konnte sich unverletzt retten, während die Frau eine Knieverletzung davontrug. Obwohl schon ein Schild darauf aufmerksam macht, dass die Benutzung des Übergangs auf eigene Gefahr erfolgen muss, soll demnächst ein weiteres Schild aufgestellt werden. Es soll davor warnen, den Weg mit Pferd zu nutzen. Doch diese Maßnahme erscheint mir halbherzig. Um konsequent der Verkehrssicherungspflicht Genüge zu tun, sollte unbedingt auch vor anderen Gefahren ausreichend gewarnt werden!
2023. Ein Jahr der Bescheidenheit?
Züge kommen zu spät oder gar nicht. Warme Heizungen im Winter sind nicht mehr selbstverständlich. Mühsam Erspartes wird von der Inflation aufgefressen. Im Supermarkt muss man sich in zweierlei Hinsicht überlegen, ob man sich Steaks noch leisten kann. Ärzte und Krankenhäuser werden knapp, genauso wie Zugbegleiter, Lokführer, Busfahrer, Krankenschwestern, Pfleger, Kita-Erzieher*innen. Und Ersatzteile sind schwer zu beschaffen, genauso wie Lehrer*innen.
Die alte Ordnung zerfällt
Für Leute, die die Ordnung lieben, sind harte Zeiten angebrochen. Auch jene, die chaotische Zustände als beängstigend erleben, sind zunehmend gefordert. Wobei wir von wirklichem Chaos noch sehr weit entfernt sind, nicht nur mit Blick auf die Menschen, die in der Ukraine ums Überleben kämpfen. Bescheidenheit ist angesagt. Der – seit Ende des zweiten Weltkriegs – stetig angewachsene „Wohlstand“ (in gewisser Weise gipfelnd im Sparkassen-Werbespot von 1995: „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“) stellt eine gravierende Ursache für die Klimakatastrophe und eine Wohlstandsverwahrlosung dar. Der Begriff „Wohlstand“ sollte neu definiert werden!
In den kommenden Jahren gilt es Frustrationstoleranz zu entwickeln. Ein gewisser Langmut kann die Lebensqualität verbessern. Das Jonglieren mit verspäteten Zügen, ausbleibenden Ersatzteillieferungen etc. fordert Geduld, Kreativität und die Fähigkeit zu improvisieren. Das kann auch Spaß machen …
Der „Odernheimer Block“ geht ins vierte Jahr
… nach wie vor Spaß macht mir das Schreiben für den „Odernheimer Block“, der jetzt in sein viertes Jahr geht und eine kleine Pause von zwei Monaten einlegt. Die Anhängerschaft des Blocks ist stetig weiter gewachsen. Pro Beitrag gab es durchschnittlich 280 Klicks. Der meistgelesene Beitrag (575 Klicks) betraf die Trinkwasserqualität in Odernheim. Ich freue mich übrigens über jede Rückmeldung. Das muss nicht unbedingt als Kommentar sein (würde auf Wunsch auch anonymisiert), aber sollte ein Beitrag mal Gesprächsthema werden, wäre das eine besondere Freude für mich.
Anfang März wird sich der „Odernheimer Block“ wieder abseitigen Themen, der Satire und Odernheimer Besonderheiten widmen.
Der „Odernheimer Block“ wünscht allen seinen Lesern ein zufriedenstellendes Jahr 2023
B.G.
BERUFKRAUT
Der Name „Berufkraut“ stammt aus der Zeit des Sprachgebrauchs vor Martin Luther. „Berufen sein“ bedeutete so viel wie verhext sein. Das Berufkraut wurde als Heilkraut in einem Sud eingesetzt. Durch Waschungen sollte sich der Befall (die Krankheit) auf die Pflanze übertragen.
Seit Mitte Juni blüht ununterbrochen ein prächtiger Strauß dieser anpassungsfähigen Pflanze in unserem Hinterhof. Er hat dazu nur ein 2 Euro-großes Loch in einer Betonfläche zur Verfügung. Jedes Mal, wenn ich daran vorbei gehe, staune ich und kann mich am Anblick der zarten Blütenpracht mitten im Dezember erfreuen. Auch Insekten verschmähen den Nektar der Pflanze nicht. Dank der Klimakatastrophe hat die Pflanze ihren Blütezeitraum um sage und schreibe drei Monate verlängern können.
Im 18. Jahrhundert soll das Berufkraut aus Nordamerika eingeführt worden sein. Es galt als Zierkraut, was es bis heute zweifellos ist. In der Schweiz jedoch steht das Berufkraut auf der „Schwarzen Liste“ und wird bekämpft, da es bestimmte einheimische Pflanzen zu verdrängen scheint. Dies hat man hier in Deutschland noch nicht feststellen können.
Quelle: https://www.ninjoverde.de/berufskraut-schoener-neophyt-stehen-lassen-oder-bekaempfen/
Von Schiller und hohlen Gassen
Odernheim hat schöne Örtlichkeiten. Eine Stelle, die ich besonders mag, ist der kleine schmale Weg zur südlich gelegenen Glanbrücke. Wenn man der Bahnhofstraße Richtung Glan folgt, führt dort eine kleine Hohlgasse zum Fluss. Da, wo die Brücke beginnt, hat man quasi den Geburtskanal passiert und fühlt sich dann am gegenüberliegenden Glanufer wie neu geboren.
Zusätzlich zu dieser Vorstellung habe ich eine weitere Assoziation: Immer wenn ich diesen Weg gehe, kommt mir das Zitat aus „Wilhelm Tell“ * in den Sinn:
„Durch diese hohle Gasse muss er kommen …“
Und jedes Mal frage ich mich, wieso sich dieses Zitat mir so eingeprägt hat. Während meine Eltern noch davon berichteten, dass sie Schillers „Lied von der Glocke“ (ein ellenlanges Gedicht) in der Schule auswendig aufsagen mussten, habe ich von Schiller eigentlich nie etwas gelesen. Wieso kenne ich dann dieses Zitat, dass auch vielen Älteren ziemlich geläufig ist. Viel Gelegenheit so einen Satz im Alltag unterzubringen gibt es ja nicht. Im Vergleich zu heute, gab es zu Schillers Zeiten sicherlich wesentlich mehr hohle Gassen. Und einem missliebigen Kontrahenten, wie im „Wilhelm Tell“, lauert man heutzutage auch nicht mehr so häufig auf. Also, was ist das Geheimnis für die Langlebigkeit dieses Zitats?
Für Vorschläge: Doppelklick auf der Überschrift dieses Beitrags.
*Das ist der Vater, der mit der Armbrust seinem Sohn einen Apfel vom Kopf schoss