Das umstrittene Buch von R. D. Precht und H. Welzer gibt es inzwischen als Taschenbuch. Als viertes Element der Gewaltenteilung (Exekutive, Legislative und Judikative) wird den Medien u. a. die Rolle zugeordnet Machtmissbrauch zu verhindern. Durch wahrhaftige Reflexion der politischen Entwicklungen sollte der Journalismus ursprünglich eine Kontrollfunktion ausüben. Mit der Verbreitung der Online-Medien hat die Medienlandschaft jedoch einen radikalen Wandel erfahren. Über das Internet hat der Populismus auf breiter Front Einzug gehalten und eine Eigendynamik entfaltet, die auf vielen Ebenen nichts mehr mit den Ansprüchen eines verantwortungsbewussten Journalismus zu tun hat. Die beiden Autoren versuchen die neue Rolle der Massenmedien zu erfassen. Sie widmen sich u. a. den Auswüchsen und Entwicklungen, die der Druck zu immer größeren Sensationen und Skandalen bewirkt. Ganz aktuell nehmen sie die Vorgänge rund um den Ukrainekrieg und der Coronakrise unter die Lupe. Sie recherchieren und analysieren die Geschehnisse und ordnen sie mit viel Hintergrundwissen ein. Aus meiner Sicht haben sie in vielen Dingen recht und tragen mit ihrem Buch zu einer notwendigen kritischen Reflexion der Medien bei.
Für diejenigen, die am Thema interessiert sind ist es ein spannendes und lesenswertes Buch, das man sich durchaus im Urlaub zu Gemüte führen kann.
Wen sollte man wählen? Zur Auswahl stehen die Vertreter von CDU, SPD und der Wählergruppe Gründonner (WGG).
Auf der Grundlage, der an die Haushalte verteilten Werbefaltblättchen und eines Interviews des Bürgermeisters im Öffentlichen Anzeiger, habe ich folgende kritische Anmerkungen:
Den Verkehr beruhigen wollen alle. Wie, weiß man noch nicht. Die CDU möchte dazu den Ausbau von Ortsstraßen und Wirtschaftswegen!? vorantreiben.
Die Windkraft schreibt sich laut Wahlflyer nur die CDU auf die Fahnen und erhofft sich durch die Windräder einen finanziellen Schub, der vor allem dem Kitaneubau zu Gute kommen soll. Das ist geschickt miteinander verknüpft, macht den Plan, sechs Windräder in den Moorplacken zu setzen aber nicht besser. Die Wählergruppe Gründonner bezieht zumindest auf ihrem Flyer nicht konkret Stellung zu dieser Planung. Nur am Rande erwähnt sie, sich für erneuerbare Energien einsetzen zu wollen. Für die SPD scheint laut Flyer der Bau von Windkrafträdern in der Odernheimer Gemarkung kein Thema (mehr) zu sein. Es gab mal die Bürgerinitiative „Gegenwind“, bei der sich einige Mitglieder der CDU vehement gegen den Bau von Windrädern wehrten. Sie haben sich um 180° gedreht und gehören nun zu den Befürwortern. Das zeigt wie kontrovers dieses Thema nach wie vor ist. Man kann davon ausgehen, dass die Mehrzahl der Odernheimer Bürger sich nicht unbedingt für die Umsetzung der Pläne begeistert. Aber Genaues weiß man nicht. Nahezu ohne Bürgerbeteiligung ist der Bau beantragt worden. Ohne ein Meinungsbild der Odernheimer einzuholen, ohne jeglichen Diskurs, scheint man das Projekt „unter dem Radar“ durchzuziehen. Ich empfinde die Vorgehensweise des Ortsgemeinderats als skandalös.
Bezeichnend für die mangelnde Informationspolitik sind die spärlichen Mitteilungen auf der offiziellen Homepage von Odernheim. Unter „Verwaltung“ > „Sitzungsprotokolle“ findet sich nur eine einsame Niederschrift, datiert auf den 14.03.2019! Unter dem Punkt „Bürgerinfo“ werden lediglich Adressen präsentiert. Umso lobenswerter ist es, dass zumindest SPD und WG Gründonner sich für mehr Bürgerbeteiligung und Transparenz einsetzen wollen. Die WGG benennt sogar konkrete Ansätze für die Umsetzung (Jugendrat, Seniorenbeauftragte, projektbezogene Dialoge, Spielleitplanung). Für die CDU ist es kein Thema.
Ansonsten sind die Wahlversprechen der Parteien sehr allgemein gehalten oder in Form von Schlagwörtern äußerst unkonkret und wenig aufschlussreich.
Hier ein paar Beispiele:
Moderne Jugendarbeit!?
Unsere Gemeinde soll ihre Natürlichkeit bewahren?!
Intakte Infrastruktur!?
Umsetzung von Agroforst!?
Verschönerung des Ortsbildes!?
Lobenswert finde ich den Flyer der WG Gründonner, die ihre Ziele wesentlich konkreter und greifbarer formuliert als ihre Konkurrenten.
ist die Auseinandersetzung im Odernheimer Ortsgemeinderat über die Nutzung des Dorfladens als Treffpunkt für Gruppen. Anlass für die Abegeordneten von CDU und SPD ein Veto einzulegen war die geplante Zusammenkunft der „Omas for future“. Dass man subversive, demokratiefeindliche oder gar terroristische Aktivitäten vermutet, kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.
Nicht wenige Ortsgemeinden wären froh eine so aktive Bürgerschaft zu haben wie in Odernheim. Sorgt sie doch für ein lebendiges Dorf mit zahllosen Angeboten, Initiativen und Aktivitäten: Angefangen bei der Kerb, über KinO, Schützenfest, „Gut Leben im Alter“ Angelsportverein, TV- und SCO-Events, Frühschoppen, Blasorchester, NAJU-Gruppe und viele andere mehr. Die Angebotspalette macht die Ortschaft u. a. attraktiv für junge Familien und gibt nicht selten den Impuls nach Odernheim zu ziehen. Die Familien sind mit ihren Kindern die Lebensversicherung für Kita, Grundschule und den Fortbestand des sozialen und kulturellen Lebens in Odernheim schlechthin. Eine niederschwellige Möglichkeit für Gruppen, die allesamt ehrenamtlich! tätig sind, sich in der Hildegardstube des Dorfladens zu treffen unterstützt dies und sollte gerade vom Ortsgemeinderat wohlwollenden Beistand erfahren. Dazu bietet der Dorfladen einen Anziehungspunkt für Disibodenberg-Pilger, die sich nach Odernheim verirren und die Geschäftsbetriebe beleben.
Hinsichtlich einer möglichen Konkurrenz zwischen dem Dorfladen und den bestehenden Gastronomiebetrieben oder Geschäften, ist eine kritische Betrachtung angemessen. Hier traue ich aber den Beteiligten zu, dass sie eventuelle Überschneidungen im Angebot selbständig und kompromissbereit regeln können, so wie es in der Vergangenheit auch immer der Fall war.
Auf höchster politischer Ebene in der EU wird die zunehmende Vereinzelung und Vereinsamung von Menschen thematisiert. Da die Folgen für unsere Gesellschaft fatal sind, werden Strategien entwickelt, um dieser bedenklichen Entwicklung entgegen zu steuern. Mit den Treffpunktmöglichkeiten im Dorfladen oder z. B. der Initiative „Gut leben im Alter“ ist Odernheim auf der Höhe der Zeit. Einwände gegen die Nutzung des Dorfladens erscheinen mir vor diesem Hintergrund als kleinkariert und an den Haaren herbei gezogen. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier irrationale Ängste der Kritiker und interparteiliche Konkurrenz federführend sind und nicht eine vorurteilsfreie Betrachtung der Bedeutung des Dorfladens für das Leben in Odernheim. Ist es nicht das Ziel der Dorfpolitik sich für ein funktionierendes und reges Dorfleben einzusetzen?
sagte seinerzeit Trude Unruh, streitbare Vorsitzende der Seniorenpartei „Die Grauen Panther“. (Wer erinnert sich noch?). Bei den Berliner Landtagswahlen im Jahr 2006, erreichte sie mit ihrer Partei immerhin 3,7 % der Stimmen und ließ damals in einer Talkshow diesen Satz verlauten: „Die Zukunft ist grau!“ Sie hat damit – quasi visionär – recht behalten. Nicht nur, dass es total chic geworden ist Ein- und Zufahrten, ja sogar Hausfassaden in allen Schattierungen von Grau bis Schwarz zu gestalten, nein, selbst die Autos nähern sich sukzessive einander an: metallic grau, schwarz, hellgrau, staubgrau, silbergrau, anthrazit usw. Dies fiel mir zunächst in Köln auf und fand dann die Bestätigung für diesen Trend auch in Odernheim.
In der Zeitung las ich, dass nur noch selten bunte Autos gekauft werden. Sie haben einen sinkenden Anteil von 21 %, aber angesichts der grassierenden Krisen und Kriege sind die tristen Farben wohl Ausdruck unserer Zeit.
Ein Blick in Möbelprospekte bietet das gleiche Bild: Lederbezug anthrazit, Metallfüße schwarz. Damit man nicht immer grau oder schwarz benennen muss, versteigen sich die Möbelanbieter schon mal zu Phantasiebezeichnungen wie: „cowboy-grey“, „trend“ oder „smarttouch grey“. Im Möbelprospekt hat dann häufig eine attraktive junge Frau die Aufgabe sich mit ihrer Kleidung dezent vom Sofadesign abzuheben. Sie setzt sozusagen einen farbigen Akzent. Zugegeben, grau lässt sich mit kontrastierenden Farben oft wunderbar kombinieren, zurzeit wird es aber eher selten getan und das Ergebnis ist häufig düster. Ich will ja nicht schwarz malen, aber „bunt und fröhlich“ sieht anders aus.
Ich saß gerade am Esstisch in der Küche, als ich kurz den Kopf hob. Ich ließ meinen Blick über die Spüle schweifen, und dann sah ich sie. Es gab keinen Zweifel: Es war Hildegard! In ungewohnt devoter Haltung erschien sie mir ganz anders, als man sie immer beschrieb. Demnach soll sie streng, diszipliniert und mit einer immensen Durchsetzungskraft ausgestattet gewesen sein. Bei mir an der Spüle jedoch, tropfte ganz langsam und bedeutungsschwer eine Träne ins Becken. Jetzt kann ich nur hoffen, dass meine Küche nicht zum Pilgerort auserkoren wird.
Mama zum Kind, das sein Diktat zurück bekommen hat: „Hast du wieder zwei Fehler gemacht?“ Kind: „Ich habe eine Zwei plus!“ Mutter: „Warum keine Eins?“
Perfektionismus ist geprägt durch das Streben nach Fehlerlosigkeit. Unter Umständen kann das Leistungsstreben krankhafte Züge entwickeln, wenn z.B. Eltern und die Bedingungen in der Schule beim Fördern der Strebsamkeit übers Ziel hinausschießen. Perfektionismus bringt dann zwar gute Leistungen hervor, ist aber vor allem durch Angst motiviert.
Schreibtisch eines Perfektionisten? Nein, es ist meiner.
Die Angst war sicherlich auch bei der Sängerin Beyoncé vorhanden, als sie bei der Amtseinführung von Barack Obama ihren Auftritt – wie es sich später herausstellte – vom Playback begleiten ließ. „Ich bin eine Perfektionistin. Ich hätte mich nicht wohlgefühlt live zu singen.“, sagte sie zur Begründung.
„Es besteht nicht immer das Bedürfnis, perfekt zu sein, sondern oft nur perfekt zu wirken.“ Das Bedürfnis nach Anerkennung und anderen zu gefallen ist sehr hoch. Das Selbstwertgefühl ist dann stark abhängig von der Leistung.
„Die Motivation des Perfektionisten ist weniger die Freude an der Vollkommenheit, als die Hoffnung auf Unangreifbarkeit, Sicherheit und Zugehörigkeit. Zentral ist die Angst vor Ablehnung. Dadurch steht das Bemühen um optimale und angepasste Selbstdarstellung im Vordergrund. Kleine Fehler werden oft als Katastrophe wahrgenommen.“ Fehler zu machen bedeutet zu Scheitern, was das Leben mit Misserfolgsangst zur Folge hat.“
Ich erinnere mich an ein musikalisches Erlebnis, als ich durch die Straßen von Middelkerke einer kleinen Küstenstadt in Belgien ging. An einem sonnigen Platz hörte ich Töne eines Harmoniums. Sie schallten – leicht gedämpft – aus einem unscheinbaren Haus an der Ecke. Ich näherte mich, lehnte mich an die Hauswand, genoss die wärmenden Sonnenstrahlen und lauschte den leicht melancholischen Klängen, die voll meine Stimmung trafen. Dabei spielte der unbekannte Organist durchaus unbeholfen. Doch für mich war es ein grandioses Konzert.
Im Gegensatz dazu kommt mir ein Konzert von `Sting´ in Wiesbaden in den Sinn. Ein Künstler, den ich sehr schätze, der vor einigen tausend Zuschauern eine „perfekte“ Show lieferte, mich aber „nicht die Bohne“ erreichte. Die Töne waren fehlerlos und unterschieden sich kaum von dem, was man von CDs oder aus dem Radio kannte, aber ich empfand es als langweilig.
Perfektion kann sicherlich Bewunderung hervorrufen, kann aber auch ziemlich belanglos wirken. Ich denke an Zirkusakrobaten, die durch ihre Beifall heischende Gestik deutlich machen müssen, dass sie zum Teil schier unmenschliche Kunststücke vollführen können. Und trotzdem wirkt dabei selbst der Trommelwirbel aufgesetzt, weil sie ihre Akrobatik bis zum „Geht-nicht-mehr“ eingebimst haben und mit traumwandlerischer Sicherheit jede Schwierigkeit fast nebensächlich erscheinen lassen, so dass die Langeweile von hinten schon wieder durchlugt.
Zurück zur Musik: In einer Kritik zu einer CD von Leslie Feist heißt es: “Die technische Unvollkommenheit wird zum Programm. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb ist „Pleasure“ (Name der CD) ein spannendes Album.
Till Brönner, der deutsche Trompeter, ist weltweit bekannt für die Präzision seines Spiels. In einer Konzertkritik heißt es jedoch sinngemäß: „Trotz der ästhetischen Präzision flaute die Spannung etwas ab, weil unter der glänzenden Klangoberfläche allzu wenig emotionaler Zündstoff lag.“
Ein kurzer Dialog aus dem Spielfilm „Das Vorspiel“ mit Nina Hoss, die eine unerbittliche Musiklehrerin spielt. Als sie nach Hause kommt, hört ihr Mann gerade eine Konzertaufnahme. „Wer spielt da?“, fragt sie. „Das bist du.“, sagt ihr Mann. „Klingt irgendwie unfertig.“ „Das ist ja gerad das Schöne.“, entgegnet er.
1960 als Jazz in Europa noch nicht weit verbreitet war, trat Ella Fitzgerald in Berlin auf. Bei dem Lied „Mack the knife“ vergaß sie mitten im Lied den Text. Ohne zu stocken improvisierte sie spielerisch mit Wörtern, die ihr spontan einfielen und landete mit ihrem Konzert einen Sensationserfolg. Perfekt !?
Der ehemalige Stadtschreiber von Mainz, Peter Stamm, sagte in einem Interview auf die Frage: „Gibt es für sie den perfekten Roman?“ „Man muss kleine Störungen einbauen, Abweichungen vom Ideal einbauen, sonst wirkt es kalt. Das perfekte Nichtperfekte – genau darin besteht die Kunst.“
In der Fußgängerzone einer kleinen Stadt am Niederrhein erlebte ich ein etwa 13jähriges Mädchen, das mutig vorm Kaufhof ihren Notenständer aufstellte, ihre Geige auspackte und anfing Lieder vom Blatt zu spielen. Möglicherweise hatte sie diese gerade im Unterricht gelernt. Sie tat dies mit großer Selbstverständlichkeit und einem bewundernswerten Mut. Sie verschwendete keinen Gedanken daran, dass sie weit entfernt davon war ihr Instrument zu beherrschen. Vielleicht sogar deshalb war ich fasziniert. Mit offenem Mund hörte ich ihr zu. Ein guter Auftritt hat also nur bedingt mit technischer Meisterschaft zu tun.
Um einen perfekten Auftritt hinzulegen bedarf es also mehr als technischer Fähigkeiten. In gewissen Momenten sind sie sogar verzichtbar oder sogar störend. Einen perfekten Moment erwischte das Eislaufpaar Bruno Massot / Aljona Savchenko bei der Olympiade 2018 in Pjöngjang: https://www.eurosport.de/eiskunstlauf/pyeongchang/2018/olympia-die-gold-kur-von-savchenko-massot-2018-gansehaut-und-grosse-emotionen-nach-traumlauf_vid1450191/video.shtml
Hier passte alles zusammen: Die Harmonie des Paares, die technischen Fähigkeiten, die Hingabe an die Musik, das Publikum, die Atmosphäre im Stadion. Das Ergebnis waren magische fünf Minuten, die mir jedes Mal, wenn ich mir die Kür ansehe, Tränen in die Augen treiben. Ich weiß nicht, ob es anderen auch so geht, aber es lohnt sich den Clip anzuschauen. Das war die perfekte Kür.