… kann häufig nicht mehr die Rede sein. In neutraler Verwaltungssprache würde ich von „Hausumgebende Grundstücksfläche“ sprechen.
Die meisten Menschen der sogenannten zivilisierten Welt haben den Bezug zur Natur verloren. Symbolisch dafür ist die derzeit trendige „Vorgartenkultur“, die auch in Odernheim ins Auge fällt. Pflanzen, sofern sie überhaupt noch eine Rolle spielen, stammen häufig aus dem „Modekatalog“ irgendeines Gartencenters und sind so exotisch, dass sie keinem heimischen Insekt das Überleben sichern könnten. In den arrangierten Steinwüsten verirrt sich kaum ein Tier. Allenfalls toleriert sind ausgestellte Nachbildungen (Reiher, Igel, Raben, Erdmännchen usw.) aus Plastik oder anderen Kunststoffen.
Diese Tiere sind pflegeleicht, machen keinen Dreck, sie stechen und beißen nicht und verursachen keine allergischen Reaktionen. Und tritt tatsächlich mal eine leibhaftige Spezies, seien es Wespen, Raupen oder Käfer, mal gehäufter auf, werden sie gleich zur Plage ausgerufen. Die passende chemische Keule steht in den Regalen bereit. Das eigene Haus wird zu einer Festung gegen jegliche Kreatur, die draußen kreucht und fleucht oder sich in Ritzen zwischen Pflastersteinen zeigt. Die Natur wird offensichtlich als bedrohlich wahrgenommen.
Spaziergänge durch Wald und Feld vermeidet man wegen Zeckengefahr, außerdem könnten Äste auf den Kopf fallen. „Bäume (am Haus) machen nur Dreck“, heißt es: Gemeint ist das Laub, das man natürlich nicht liegen lassen kann, da es dem englischen Rasen schadet. So wird ein genialer natürlicher Kreislauf der Bäume von Humusbildung und Nahrungszufuhr unterbrochen und fällt einer naturfeindlichen Ästhetik zum Opfer.
Der Verlust an Naturfläche durch die, auch als „Gärten des Grauens“ bezeichneten, „Vorgärten“ ist beträchtlich. Da die Auswirkungen auf das Kleinklima in den Städten spürbar sind, hat u. a. das Land Baden-Würrtemberg, die Städte Neuwied, Xanten, Erlangen, Dortmund, Paderborn u.v.m. das Anlegen vermeintlich pflegeleichter Steingärten verboten. Der derzeitig grassierende Hang der Hausbesitzer alles rund um´s Gebäude zuzupflastern oder mit Schottersteinen zu versehen führt innerorts zu einem weiteren Aufheizen der Umgebung. Dem wird wiederum mit Klimaanlagen begegnet, die ihrerseits Energie kosten und zusätzliche Hitze nach außen abgeben.
Die Motive, das eigene Haus mit einer Pflaster- oder Steinwüste zu umgeben, sind vielschichtig:
- Man liebt die Ordnung
- Man braucht einen Stellplatz für´s Auto
- Man hat es gerne sauber
- Man hat keine Zeit/Lust für/auf Gartenarbeit
- Man folgt einem Modetrend (der Nachbar/Bekannte macht es vor)
- Man findet bunte (graue) Pflastersteine schön
- Man kann sich kreativ betätigen
- Sonderangebote im Gartencenter
- Man empfindet Insekten und anderes Getier als unangenehm/bedrohlich
- Man möchte alles unter Kontrolle haben
Wir Menschen waren mal Teil der Natur. Doch seit wir existieren, sägen wir an dem Ast auf dem wir sitzen und schaffen es nicht unsere Vermehrung, unseren gigantischen Konsum, unsere maßlose Ressourcenverschwendung und damit die hemmungslose Ausbeutung dieses Planeten (es ist nicht unser Planet) zu stoppen. Die Natur ist unsere Existenzgrundlage und jedes Lebewesen auf der Erde hat schon allein durch seine Anwesenheit ein Recht darauf geschützt und wertgeschätzt zu werden. Der Umgang mit Wespen, Ameisen, Prozessionsspinnern, Zecken, Hornissen, Schnaken usw. kann erlernt werden und muss nicht zwangsläufig in einen Feldzug, mit dem Ziel der Vernichtung, einhergehen.
Wohin so ein Vernichtungsfeldzug führen kann, zeigen Erfahrungen in China: In weiten Teilen Chinas hat man zu Zeiten Maos (Ende der 50er Jahre) Spatzen ausgerottet, da sie als Bedrohung für die Getreideversorgung galten. Folge davon war, dass nun „schädliche“ Insekten überhand nahmen, die zuvor von den Vögeln in Grenzen gehalten wurden. Konsequenterweise bekämpfte man diese nun auch durch massiven Pestizideinsatz. Neben einer Vielzahl anderer Insekten waren auch die Bienen Opfer der Maßnahmen. Bis heute müssen nun Menschen diese Aufgabe übernehmen, ohne auch nur ansatzweise Blüten in der Qualität und Menge zu befruchten, die zuvor von Insekten bestäubt wurden. Quelle: http://www.bee-careful.com/de/initiative/menschliche-bienen-china/