Interview mit Hans Lahm

1947 in Hinterhausen geboren und damit der „älteste Ureinwohner“ von Hinterhausen in Odernheim. Er hat zwei Kinder, Susanne und Thorsten sowie 5 Enkel, die auch alle in Odernheim wohnen. Hans Lahm ist aktiv bei den „Rüstigen Rentnern“ (im Grunde eine Bürgerinitiative) und bei den „Odernheimer Geschichten“ (eine Gruppe, die sich die Erforschung und Dokumentation der Odernheimer Geschichte zur Aufgabe gemacht hat.)

Herr Lahm, der Grund Sie um Interview zu bitten, ist Ihr Engagement bei den „Rüstigen Rentnern“ und bei den „Odernheimer Geschichten“. Gibt es da noch mehr?

HL: Eigentlich nicht. Ich war bei der SPD als Kassierer und im Ortsgemeinderat tätig. Mit 62 Jahren trat ich dann aus Altersgründen zurück und bin, wie ich es mir auch vorgenommen hatte, mit Beginn meines Ruhestands zu den „Rüstigen Rentnern“ gestoßen. Seit 14 Jahren bin ich dort jetzt aktiv. Etwa 11, 12 Aktive haben wir zurzeit.

Der Schwerpunkt liegt auf handwerklichen Tätigkeiten?

HL: Wir wollten Dinge in die Hand nehmen, die von der Gemeinde nicht umgesetzt werden können. Z.B. der Zunftbaum, ist ein Projekt, das wir schon länger in Angriff genommen haben. Die Schilder der verschiedenen Berufe (Schmied, Schlosser etc.) waren aus Holz und als wir den Baum am Glan aufgestellt hatten, verwitterten sie recht schnell. Jetzt werden sie aus Metall gefertigt. Da wir auf Spenden angewiesen sind, konnten wir erst jetzt das Projekt weiter verfolgen. Wir bekommen auch jedes Jahr eine finanzielle Unterstützung von der Sparkasse. Ein anderes Beispiel ist die Disibod-Treppe oder der Brunnen im Glanweg.

Es sind also in erster Linie Bauprojekte, wie zum Beispiel die Restaurierung des Pulverturms?

HL:  Ja, die Friedhofshalle haben wir z.B. auch mal gestrichen.

(Es gab noch etliche andere Projekte: Dorfbrunnen an der Glananlage, Historischer Rundweg, Naturschutzmaßnahme zur Erhaltung des Hellersberger Weihers, alljährliches Aufstellen des in der Dunkelheit schwebenden Weihnachtsbaums auf dem Humberg u.v.m.)

Was waren aus Ihrer Sicht denn Highlights im Verlauf der Jahre?

HL: Wir hatten nach der Aufstellung des Zunftbaums eine Feier organisiert, die sehr gut angenommen wurde. In Zusammenarbeit mit der Dorfladeninitiative hatten wir eine Weinprobe angeboten und das war ein „Superknaller“, auch weil das Wetter mitgespielt hatte. Toll war auch, als wir das Weinbaumuseum am Dorfplatz eröffnet hatten, kamen u.a. Frau Dickes, Julia Klöckner und der damalige Landrat Diehl zu Besuch. Das war für unsere Arbeit eine große Anerkennung. Aber abgesehen davon sind wir bei den Odernheimern eine  angesehene Gruppe und erfahren sehr viel Unterstützung.

Sind die „Rüstigen Rentner“ ein eingetragener Verein?

HL: Nein, wir sind eine Interessengemeinschaft, die über die Arbeiten hinaus auch die Geselligkeit pflegt.

( Hans Lahm zeigt mir ein Heft mit zahlreichen Fotos, dass die Arbeiten der „Rüstigen Rentner“ dokumentiert. Auf mehreren Fotos ist der kürzlich verstorbene Friedel Hartmann zu sehen.)

HL: Friedel Hartmann war Mitbegründer und die treibende Kraft bei den „Rüstigen Rentnern“ (siehe Nachruf OB 22.10.20).

Kommen wir zu den „Odernheimer Geschichten“.                                                  https://odernheimer-geschichte.de/Geschichte-Odernheim/                                                        Auch dies ist ein Arbeitskreis, der sich vor ca. 16 Jahren  gegründet hat.

HL: Die OG entstanden über das Bedürfnis die Geschichten, Erlebnisse und das Wissen der älteren Odernheimer in irgendeiner Weise festzuhalten und zu sammeln. Wir hatten seinerzeit ins alte Feuerwehrhaus eingeladen. Es gab eine große Resonanz und viele
Ältere kamen dorthin. Es brauchte dann oft nur ein Stichwort, dass die Geschichten und Erinnerungen nur so sprudelten. Wir nahmen uns vor, solche Erzählungen aufzuarbeiten und zu dokumentieren. Inzwischen gehen die alljährlich erstellten Heftchen bis nach Übersee und in Orte, wo es ehemalige Odernheimer hin verschlagen hat und die freuen sich ungemein über die Erzählungen von alten Bekannten, die ja oft schon nicht mehr leben. Zwischen 200 und 250 Hefte verkaufen wir jedes Jahr. In diesem Jahr bearbeitete ich z.B. das Thema „Post in Odernheim“. Jeder bei den OG sucht sich ein Thema aus, das er recherchiert und bearbeitet und das wird dann in unserem Jahresheft veröffentlicht.

Welche Rolle spielt denn die große Hildegard von Bingen bei den OG?

HL: Was dies Thema betrifft, haben wir jahrzehntelang geschlafen! In der Schule zu meiner Jugendzeit war das nie ein Thema. Ich weiß nur, dass es früher dort oben eine Straußwirtschaft gab: Beim Schwegel konnte man ein Glas Wein trinken gehen.  Ich finde z.B.,  dass unser Fremdenverkehrsverein sich dieser Sache viel intensiver annehmen müsste. Man könnte das Thema viel mehr ausschlachten. Ein Manko in dem Zusammenhang ist auch die unzureichende Gastronomie. Wenn beispielsweise eine Wandergruppe ankommt, die kriegt hier kein Mittagessen und Übernachtungen sind schwierig. Odernheim oder eigentlich die ganze Region könnte mehr daraus machen.

Die Frage ist doch auch, möchte man überhaupt mehr Tourismus im Ort haben?

HL: Nun, über den Tourismus bleibt ja was hängen und nicht wenige, die hier unterwegs sind sagen: „Ihr wisst gar nicht wie schön ihr hier wohnt“. Auch der historische Rundweg         (von den „ Rüstigen Rentnern „initiiert)  in Odernheim wird überraschend gut angenommen.

Wie oft treffen sich die Hobbyhistoriker der „Odernheimer Geschichten“?

HL: Alle vier Wochen  im Obertor, wo sich auch unser Archiv befindet oder beim Leo und die „Rüstigen Rentner“ treffen sich von Corona mal abgesehen jeden Mittwoch bei Guntermanns  (Güldener Löwe).

Wird denn auch die jüngere Geschichte in irgendeiner Weise dokumentiert?

HL: Der verstorbene ehemalige Bürgermeister Scholl hat uns digitalisiert sämtliche Zeitungsartikel über Odernheim ab den 70er Jahren überlassen, der ehemalige Pfarrer Dreyer hatte uns Material über die Kirchenhistorie gestiftet und Manfred Geib hat uns einiges über Hildegard und das Kloster hinterlassen. Geo Donsbach stellte uns seine gesamte Bildersammlung zur Verfügung.  Außerdem dürfen wir das Gemeindearchiv nutzen. Es ist riesig und reicht zurück bis ins 16. Jahrhundert.

Wie sieht es mit dem „Nachwuchs“ in den Interessengruppen aus?

HL: Grundsätzlich ist jeder willkommen. Das Problem ist nur, manche sagen: „Das ist toll, was ihr macht“, aber der Schritt sich wirklich aktiv zu engagieren bleibt oft auf der Strecke.

Wie sehen Sie denn als Ur-Odernheimer allgemein die Entwicklung des Ortes, wenn man sich die vergangenen Jahrzehnte vor Augen hält?

HL: Positiv ist, dass viele junge Leute, auch auswärtige hierherkommen. Das ist für Odernheim eine Bereicherung. Es kommen dadurch neue Ideen zum Tragen und die alten Strukturen werden aufgebrochen. Es wird zwar nicht alles akzeptiert, aber letztlich entwickelt sich der Ort weiter. Wenn jetzt Zugezogene beispielsweise keinen Kontakt bekommen, so hängt das doch sehr davon ab, wie sich jeder einzelne einbringt. Meine Frau beispielsweise kam aus Wiesweiler, die ist gleich in den Turnverein gegangen und ist voll integriert. Bei den RR und OG haben wir jemanden, der vor ein paar Jahren aus Mainz zu uns kam. Da merkt man überhaupt keinen Unterschied im Vergleich zu allen anderen Mitgliedern. Wenn ich nur in meinem Zimmerchen hocke, wird kein Odernheimer zu mir kommen und sagen: „Schön, dass du da bist.“

Jetzt sind ja in Odernheim in den vergangenen 20 Jahren auch viele Geschäftsbetriebe eingegangen.

HL: Das ist ja eine Entwicklung, die können wir gar nicht aufhalten.  Aber in Odernheim können wir uns doch gar nicht beklagen. Wir haben einen Metzger, Bäcker, Minimarkt, eine große Bereicherung ist in meinen Augen das Cafè „Augenweide“, drei Gaststätten,  Apotheke, Kindergarten, Grundschule, eine Arztpraxis und einiges mehr, worum uns andere Orte beneiden. Auch wichtig ist die Anbindung nach Staudernheim mit seinem Bahnhof. Für viele sind diese Bedingungen ein Grund sich hier anzusiedeln.

Herr Lahm ich bedanke mich herzlich für das Interview.

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