Probleme des Alltags 5

Der Sommer bringt einiges mit sich: schwül warme Temperaturen, die einen durch den Alltag schleppen lassen, explodierendes Grün im Vorgarten oder nervende Fliegen, die sich in den Wohnräumen tummeln. Der zivilisierte Mensch ergreift natürlich (eigentlich unnatürlich) sofort zu Gegenmaßnahmen, vor allem was die Fliegen betrifft.

  • Die bekannteste Methode ist sicherlich der Klassiker: die Fliegenklatsche. Die löchrige Struktur der Klatsche und die peitschenartige Bewegung lässt keine Druckwelle entstehen, so dass die Fliegen nicht rechtzeitig vorgewarnt werden. Entsprechend erbarmungslos und im wahrsten Sinne des Wortes schlagartig, bedeutet dies den Tod.
  • Dann gibt es die etwas aus der Mode gekommenen Fliegenstrips: Bänder, die mit einer honigartigen Masse bestrichen sind, auf der die unliebsamen Gäste kleben bleiben. Wenn man sich in die Lage der Fliege hineinversetzt, ein qualvolles  Ende. Und dekorativ sind die Fallen sicherlich auch nicht.
  • Möglicherweise weniger quälend, aber auch nicht zu empfehlen: Durchsichtige, kaum wahrnehmbare, kleine Folien, die ein chemisches Gift für die, zu den Fenstern strebenden, Insekten bereit halten. Irgendwann liegen sie auf der Fensterbank mit den Beinchen nach oben und geben keinen Mucks mehr von sich. Eine nur scheinbar elegante Lösung. Am besten finden die Fliegen selbst einen Ausweg:

„Ich glaube, wir müssen nicht dem Licht folgen, sondern dem Luftzug“, sagte eine, vor gar nicht langer Zeit, geschlüpfte Fliege. „Hab du erst mal so viel Erfahrung wie ich“, antwortete der alte Brummer und flog zum 20. Mal gegen die Fensterscheibe.

Autorin unbekannt

  • Für diejenigen, die keiner Fliege etwas zuleide tun können, gibt es eine weitere Alternative: Man nehme ein leeres Marmeladenglas und dazu eine Postkarte. Man sollte nicht darauf setzen die Fliege mit Geschwindigkeit zu überlisten. Hier ist die Fliege haushoch überlegen, im Gegenteil, die Entdeckung der Langsamkeit kommt hier zum Tragen. Nervige, bunt schillernde Schmeißfliegen erfordern mehr Geduld als die Stubenfliegen, aber letztlich kann man sie alle bekommen. Man stülpt ganz ruhig und zeitlupenartig das Marmeladenglas über das panische, rat- und rastlose Geschöpf, schiebt die Postkarte unter, trägt die leicht irritierte Fliege nach draußen und entlässt sie in eine wieder gewonnene Freiheit. Ich tue dies mit einem guten Gefühl: Habe ich nicht Leben geschenkt und das Insektensterben aufgehalten? Darüber hinaus kann diese Betätigung einen willkommenen Kontrapunkt zum hektischen Arbeitsalltag bieten und den Zeitpunkt eines Burn-outs hinausschieben. Allerdings kann sie auch einen gewissen Suchtcharakter entfalten. Mit Mücken dagegen verhält es sich möglicherweise ganz anders:

Merkwürdig, ich, der ich es nicht über mich bringe, eine Spinne zu töten, und es immer entsetzlich fand, wenn ich im Haus etwas reparierte, und eine kroch selbstmörderisch in die nasse Farbe hinein, habe kein Herz für Mücken, obwohl sie alle angehende Mütter sind und ein Tröpfchen Blut suchen, um ihre Nachkommenschaft zu nähren.“

John Updike

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