… ist neben vielen anderen Dingen im Wandel begriffen.
Noch im Jahr 2005 kam die Mopsfledermaus zu unerwarteter Popularität, als sie von Naturschützern zur Verhinderung des Flughafens Hahn in die Diskussion gebracht wurde. Für Kurt Beck, dem damaligen Ministerpräsidenten, und sicherlich auch für die Mehrheit der Bevölkerung war dies absurd. Arbeitsplätze, die Chance einer Region zu wirtschaftlichem Aufschwung zu verhelfen, standen für sie im krassen Missverhältnis zum Schutz einer bis dato kaum wahrgenommenen Spezies. Bekanntlich konnte der Bau des Flughafens zwar verzögert, aber nicht verhindert werden.
Ziemlich aktuell ist der Fall der Ratte, die in Bad Kreuznach im Loch eines Kanaldeckels stecken blieb. Die alarmierte Feuerwehr befreite das Tier und brachte es anschließend zu einem Tierarzt. Große Empörung in der Presse über das – nach Meinung der Leser – völlig unangemessene Handeln der Feuerwehr. „Wenn ein Tier in Not geraten ist, retten wir es“ lautete die klare Stellungnahme des Feuerwehr-Pressesprechers.
Auch auf die sogenannten Ratten der Lüfte wurde im niederrheinischen Kleve Rücksicht genommen: Das baufällige Dach des dortigen Bahnhofs sollte im vergangenen Frühjahr abgerissen werden. Als man ein brütendes Ringeltaubenpaar entdeckte, stellte man die Abrissarbeiten ein und wartete ab, bis der Nachwuchs flügge geworden war.
Zeigen diese Maßnahmen eine veränderte Haltung der Menschen zum Tier? Immer mehr, auch wenn es nur eine Minderheit ist, verzichten auf Fleischkonsum, um das Töten von Tieren nicht zu befördern. Dass Tiere auch Gefühle haben, selbst lachen und trauern können, wird immer mehr zur Erkenntnis. Wozu sind wir Menschen mit Einfühlungsvermögen und Empathie gegenüber Tieren ausgestattet? Heilende Wirkungen von Hippotherapie, Schwimmen mit Delfinen oder der Einsatz von Hunden im Schulunterricht halten uns vor Augen, dass eine enge Verbundenheit zwischen Mensch und Tier besteht. Die Augen eines jeden Kindes strahlen beim Streicheln eines Hundes oder beim Anblick eines Eichhörnchens. Und wenn er noch nicht völlig abgestumpft ist, geht dies auch dem Erwachsenen so.
An dieser Stelle sei ein kurzes Video empfohlen: https://www.youtube.com/watch?v=FZ-bJFVJ2P0 Es handelt von Damian Aspinal, der als Kind mit einem Gorilla aufwuchs. Der Gorilla wurde später erfolgreich ausgewildert. Nach Jahren versucht Aspinal ihn ausfindig zu machen und hat Erfolg.
Angesichts dieser Erkenntnisse ist die andere Realität kaum zu ertragen: Millionenfacher Mord an industriell erzeugten männlichen Küken ist nach wie vor gängige Praxis, genauso wie die tierquälerische Hühnerkäfighaltung oder sogenannte Kastenhaltung von Schweinen. Wieso nehmen wir dies auch mit unserem Konsum weitgehend hin? Warum haben Menschen (z.B. Jäger) Spaß am Töten von Tieren? Woher nehmen wir das Recht über das Leben der Tiere zu entscheiden? Die von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner vorgelegte und vom Bundestag unterstützte „Tierwohlabgabe“ erscheint nicht nur vielen Tierschützern als zynisch: Qualzuchten, Anbindehaltung, Amputationen und andere Tierquälereien können über weitere Jahrzehnte legal praktiziert werden. Im Tierschutzgesetz steht zwar: „ Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen“, doch unter den dehnbaren Begriff „vernünftig“ fallen z.B. all die genannten Grausamkeiten.
Im letzten Sommer bekam ich die ersten Flugversuche einer jungen Blaumeise mit. Von der Mutter begleitet, flatterte sie vom Nistkasten zum nächsten Baum. Ein Turmfalke, der wohl schon auf der Lauer gesessen hatte, bereitete dem jungen Leben ein jähes Ende. Schneller als man schauen konnte, hatte es sich das Junge gegriffen und war mit seiner Beute verschwunden. Gefühlsmäßig bekam ich den Vorfall gar nicht auf die Reihe. Unermüdlich und über Wochen hatten die Blaumeiseneltern ihre Jungen gefüttert, gewärmt und umsorgt. Dann schlägt grausam die Natur zu. Aus dem Fernsehen kennen wir die Aufnahmen, wenn Rinder sich am schmalen Ufer des Okawango drängen, um ihren unbändigen Durst zu löschen. Krokodile, einem treibenden Stück Holz zum Verwechseln ähnlich, schießen urplötzlich aus dem Wasser, greifen sich eines der Rinder, drehen sich im Wasser mehrfach um die eigene Achse und ziehen ihr Opfer unbarmherzig in die Tiefe, um es dann bei lebendigem Leibe zu verspeisen. So ist halt die Natur, sagt man dann.
Das menschliche Genom unterscheidet sich ja nur geringfügig von dem des Affen, aber erklärt sich die Grausamkeit des Menschen gegenüber den Tieren damit, dass er selbst ein Tier ist? Die Auswüchse der Massentierhaltung sicherlich nicht. Im Tierschutzgesetz ist von „Mitgeschöpfen“ die Rede, und die positiven Beispiele zu Beginn des Artikels geben mir Hoffnung, dass wir im Sinne dieses Begriffs eine aufgeklärte Einstellung zu den Tieren gewinnen können. Wenn wir die sogenannte „Tierwohlabgabe“ kritisch betrachten, sind wir allerdings noch Jahrzehnte davon entfernt.