Ich gebe zu, dass ich über meine Empörung und den brutalen Gegensatz des Vorher < > Nachher, (siehe Fotos), mit meiner Kritik etwas zu weit gegangen bin. Die jetzige Gestaltung des Grundstücks steht dem Besitzer natürlich völlig frei. Dass sie mir nicht gefällt, gehört nicht in ein öffentliches Forum. Ich entschuldige mich dafür. Das Entscheidende und das hauptsächliche Ziel meiner Kritik ist aber der Vorgang an sich. Wie kann es dazu kommen, dass ein von der Allgemeinheit (Grundschule) sinnvoll genutztes Areal an Privat verkauft wird und eine Bebauung jeglicher Art scheinbar ohne Probleme genehmigt werden kann. Ein paar Meter weiter, in der gleichen Straße, wollte beispielsweise der TVO das Dach seiner Turnhalle mit Photovoltaik ausstatten, das wegen der Optik (Denkmalschutz) nicht genehmigt wurde.
Es gilt etwas nachzuholen: Wie man auf dem Logo des „Odernheimer Blocks“ entziffern kann, ist unter anderem auch „Lyrik“ als Thema benannt. Dies kam bisher erst einmal zu seinem Recht. Aber, ist Gedichte schreiben nicht völlig out? Nun, die Zeiten, als man beispielsweise noch in Reimform “ a-b-a-b“ und im Metrum eines vierfüßigen Jambus schreiben musste, sind passé. Aber z.B. Poetry-Slams oder Rappertexte (reim dich oder ich schlag dich) zeigen, dass kreativer Umgang mit Sprache und allen dazugehörenden Freiheiten unbedingt angesagt ist. Da wir gerade Ferienzeit und möglicherweise auch Muße haben, bin ich ganz neugierig darauf, ob es aktuell noch GedichteschreiberInnen gibt? Habt Mut und schickt mir eure sprachlichen Ergüsse zu, egal ob von zu Hause oder aus dem Urlaub, egal ob anonym oder unter Pseudonym. Auf jeden Fall mal etwas anderes als ein gelungenes Urlaubsfoto.
Um euch ein Beispiel zu geben, das ermutigen soll: Mein Urlaubsgedicht aus dem Jahre 2008.
Der Hubschrauber kreist wieder über Odernheim. Es klingt immer etwas bedrohlich, wenn das wabernde Knattern von den Steilhängen des Stempelsbergs oder vom Südhang des Disibodenbergs reflektiert wird und der Hubschrauber in spektakulären Wendungen im Auftrag einer „Spritzgemeinschaft“ um die Weinberge kurvt. Es geht dabei um Schutz, um vorbeugenden Schutz!
Der Winzer möchte seine Reben in erster Linie vor Pilzbefall schützen. Dies wird vorbeugend gemacht, so wie es am Rande der Spazier- und Wanderwege auf Warnschildern zu lesen steht. „Vorbeugend“ hört sich beruhigend an, heißt aber nur, dass man auf jeden Fall schon mal spritzt, egal, ob ein Pilzbefall droht oder nicht. Dass der Winzer dies so handhabt, ist nachvollziehbar. Er möchte jedes Jahr eine reichliche Ernte einfahren, und jeder, der einen Garten bewirtschaftet, weiß, wie ärgerlich es ist, wenn beispielweise die Schnecken über den Salat herfallen und die vorherige Mühe des Pflanzens und Gießens umsonst war (für die Schnecken war´s ok). Schließlich hat man auch Geld investiert. Das ist beim Winzer auch so, es gibt allerdings noch andere Motive:
„Der Sinn der Hubschrauberspritzung liegt in der Entlastung des Winzers, sowohl in arbeitswirtschaftlicher als auch gesundheitlicher Hinsicht.“ (Mittelrheinische Rebschutzgesellschaft).
Der Winzer spart Geld, weil die Behandlung schneller erledigt wird und Lohn für zusätzliche Mitarbeiter nicht anfällt. Man könnte die Spritzungen in Handarbeit gezielter an die Rebstöcke bringen, wäre selbst aber verstärkt dem Gift ausgesetzt, dass man im Steilhang ausbringt. Der Hubschraubereinsatz sorgt also auch für gesundheitlichen Schutz des Winzers. Aber, wie sieht es aus mit der Gesundheit und dem Schutz der Anwohner, der Wanderer und Pilger, der Böden, der Insekten, der Vögel, der Wildpflanzen, der Oberflächengewässer, des Grundwassers?
Die giftigen Aerosole, die in diesem Jahr schon zum fünften Mal (nächster geplanter Termin 06.07.) vom Hubschrauber verteilt wurden, enthalten nicht weniger als einen Cocktail von bis zu zehn unterschiedlichen Chemikalien. Sie wurden zwar alle langen Testreihen (vom Hersteller) unterzogen, bevor eine Zulassung erfolgte, doch die mit den Mitteln verbundenen Warnhinweise sprechen eine eigene Sprache und lassen jede vorab ausgesprochene Beruhigung wie eine Seifenblase zerplatzen. Hier eine kleine Auswahl der verwendeten Stoffe, samt einer beispielhaften Zusammenstellung dazugehöriger Warnungen:
Folpan 80 kann allergische Reaktionen hervorrufen, verursacht schwere Augenreizung, gesundheitsschädlich beim Einatmen, kann vermutlich Krebs erzeugen, giftig für Wasserorganismen, schädigend für Populationen relativer Nutzinsekten usw.
Enervin sehr giftig für Wasserorganismen (u.a. Fische und Algen) mit langfristiger Wirkung, jeden unnötigen Kontakt mit dem Mittel vermeiden usw.
Netzschwefel wiederholter Kontakt kann zu rissiger und spröder Haut führen, beim Umgang mit dem Produkt nicht essen, trinken oder rauchen, der Arsengehalt des Schwefels darf 250mg/kg nicht überschreiten usw.
Profiler verursacht schwere Augenreizung, sehr giftig für Wasserorganismen, behandelte Flächen erst nach Abtrocknen des Spritzbelages wieder betreten usw.
Vivando beim Umgang mit unverdünntem Mittel Schutzanzug und festes Schuhwerk tragen usw.
Talendo extra kann die Atemwege reizen, kann vermutlich Krebs erzeugen usw.
Wie erwähnt, ist dies nur eine Auswahl der Mittel, die bereits in Odernheim per Hubscharuber ausgebracht wurden. Wer dem Prozedere vor allem am Stempelsberg, aber auch am Disibodenberg mal zugeschaut hat, wird leicht feststellen können, dass sich eine Abdrift der Sprühnebel, je nach Windstärke, gar nicht vermeiden lässt. Man nimmt eine Gefährdung, beispielweise der Anwohner am Stempelsberg oder der Bewohner der Niedermühle in Kauf und die tragen, genauso wie Wanderer auf dem Hildegard-Pilgerpfad, keine Schutzausrüstung. Von Wanderern scheint man zu erwarten (siehe Warnschild), dass sie sich vorab über die geplanten Spritztouren der Hubschrauber informieren und entsprechend ihre Ausflüge planen, ansonsten droht u. U. eine Meditation im Sprühnebel.
Hinzu kommt am Stempelsberg das Vorhandensein eines kleinen namenlosen Bächleins, dass sich idyllisch, am Wingert entlang, den Berg herabschlängelt und in den Odernheimer Heimelbach mündet. Das Vorkommen eines Gewässers ist eine strenge Kontraindikation (ADD ) zum Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln. Das Argument, der Bach führe nicht durchgängig im Jahr Wasser, reichte den Verantwortlichen aus, eine Genehmigung zu erteilen. Hinzu kommt, dass die Kombination der verschiedenen Chemikalien, die sich im Behälter des Hubschraubers befindet, unbekannte Risiken birgt. Die Wechselwirkungen sind nicht erforscht. „Wird als nicht Bienen gefährdend eingestuft“ lautet eine Formulierung, die in der Produktbeschreibung der verschiedenen Mittel häufiger zu lesen ist. Sie legt schon offen, dass man sich nicht sicher ist, ob dies tatsächlich so ist.
Letztlich werden die Gifte, die im beschriebenen Bachlauf landen, sich nicht in Luft auflösen. Mit den nächsten ergiebigeren Regenfällen wird das Bachbett ausgewaschen und seine teuflische Fracht über den Heimelbach in den Glan spülen. Fische, bei der Benutzung der neuen Treppe werden schon mal kalt erwischt und eine Attraktion, ein Pfund, mit dem Odernheim wuchern könnte, ist direkt bedroht. Welcher Ort bietet im Sommer noch die Möglichkeit sich in einem vermutlich weitgehend sauberem Naturgewässer Abkühlung zu verschaffen. Am Wehr der Bannmühle kann man ein Idyll erleben, dass es in der Art nicht mehr häufig gibt. Hier sollte von Seiten der Ortspolitik alles Erdenkliche getan werden, diese Möglichkeit zu erhalten und jeglichen Gifteintrag zu unterbinden. Die eingegangenen Risiken und Schäden in der Natur, durch die regelmäßigen Spritzungen, stehen in keinem Verhältnis zum Nutzen.
Das Wehr an der Bannmühle
Einmündung des Heimelbachs z. Zt. trocken
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Dirigent und Musikalischer Leiter des Disibodenberg-Blasorchesters Odernheim.
Der Hallgartener Christoph Kaul ist 37 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder. Vor zehn Jahren hat er die Leitung des Disibodenberg-Blasorchesters Odernheim (DBO) übernommen und die Qualität des Orchesters stetig weiterentwickelt. Mit regelmäßigen Auftritten zu Anlässen wie z.B. St. Martin oder dem Weihnachtsmarkt, aber auch mit abendfüllenden Konzerten in der Turnhalle oder Kirche, tragen er und sein Orchester maßgeblich zum kulturellen Leben Odernheims bei. Und auch außerhalb der Gemeinde erfreut sich das Orchester mittlerweile steigender Beliebtheit.
Herr Kaul, wie gehen sie mit der „Corona-Unterbrechung“ um? Vergangenen Mittwoch haben wir erstmals wieder geprobt, draußen auf dem Dorfplatz. Ich kann aber keine großen Ziele ausrufen, da bis Ende Oktober alles abgesagt wurde. Eigentlich hätten wir gern mein 10jähriges Jubiläum mit einem tollen Frühjahrskonzert feiern wollen, ich fürchte aber, dass wir bis Jahresende nicht mehr groß zum Einsatz kommen werden.
Wie kam die Verbindung mit dem DBO zustande? Jürgen Beyer, mein Vorgänger, hat das Orchester mehrere Jahre geleitet und u.a. durch Einbeziehung und Ausbildung ganzer Familien zahlenmäßig aufgebaut. Er war zu dieser Zeit Kreisdirigent und hatte mich im Rahmen eines Lehrgangs beim Kreismusikverband angesprochen. Er verpflichtete mich dort als Dozent und fragte, ob ich nicht das DBO übernehmen wolle. Damals hatte ich gerade mein Studium beendet.
Sie haben Musik studiert? Ja, ich habe an der Musikhochschule Mannheim Klarinette studiert und war zuvor zwei Jahre als Musiker bei der Bundeswehr in Karlsruhe.
Sie sind hauptberuflich Musiker? Ja, neben den Orchestern in Odernheim und Hallgarten unterrichte ich jede Woche knapp 70 Instrumental-Schüler, z.T. in Gruppen bis zu fünf SchülerInnen. Ich musiziere zwar sehr gern, aber das Unterrichten war für mich schon immer mehr als nur eine Alternative zum eigenen Spiel. Aus dem Grund habe ich auch den Studiengang des Instrumentallehrers belegt. Und man kann durchaus sagen, dass ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe.
Spielen Sie selbst auch in einer Band oder einem Orchester? Nein. Da fehlt einfach die Zeit dafür. Mit den zwei Vereinen, den SchülerInnen, denen man gerecht werden möchte und den Auftritten ist das nicht möglich. Aushilfsweise spiele ich schon mal, beispielsweise beim Landespolizeiorchester Hessen mit, das ist aber nicht regelmäßig.
Wie viele MusikerInnen sind derzeit im DBO aktiv? Zwischen 35 und 40. Ich kann erfreulicherweise sagen, dass ich auf einen relativ soliden Grundstock von gut 25 MusikerInnen sehr verlässlich zählen kann. Im Jugendorchester und der Musikausbildung sind es nochmal 12 SchülerInnen, die noch nicht im großen Orchester mitspielen. Hier sind wir stets bestrebt, neuen Nachwuchs (müssen nicht zwangsläufig Kinder sein!) zu bekommen und freuen uns über alle, die bei uns ein Instrument lernen möchten.
Wo sind die eigenen Vorlieben, was die Musik betrifft? Das ist schwierig zu beantworten, weil ich eigentlich sehr vielen Musikrichtungen erstmal offen gegenüberstehe und diese auch verfolge. Ich mag die Rock-Pop Klassiker genauso wie eine klassische Symphonie, verfolge mit Interesse die Neueinspielungen im ganzen Klarinetten-Repertoire, höre aber auch gerne Bigband–Aufnahmen aus der goldenen Swing-Ära oder traditionelle Blasmusik. Hier beachte ich auch die vielen neuen Formationen, die derzeit besonders im süddeutschen und österreichischen Raum aus dem Boden sprießen: Zum Beispiel LaBrassbanda oder eine Blechformation, die sich Mnozil-Brass nennt und sich musikalisch auf allerhöchstem Niveau bewegt, gepaart mit unglaublich viel Show. Da bleibt einem selbst als gestandener Musiker manchmal der Atem weg.
Bei dem Stichwort „Show“ – welche Rolle spielt die Optik bei Konzerten des DBO? Eher eine untergeordnete Rolle, aber nicht, weil es nicht gewollt ist, sondern weil wir musikalisch und vom Schwierigkeitsgrad her oft an der Grenze des für uns Möglichen arbeiten und da bleibt wenig Kapazität, um da groß Show zu machen. Wir haben aber immer mal wieder kleine Bewegungselemente reingebracht, und ich sage auch häufiger, dass man sich auf der Bühne im positiven Sinne auch mal zum Affen machen muss.
Mir als Zuschauer fehlt bei vielen Blasorchestern der optische Reiz, von daher hat die Art, wie sich ein Dirigent bewegt schon eine Bedeutung für die Präsentation auf der Bühne. Ich finde ihre tänzerischen Bewegungen beim Dirigieren geben dem Auftritt eine zusätzliche Qualität. Wobei das in keiner Weise aufgesetzt ist, das kommt einfach so, und trotzdem bin ich mir sicher, dass die Bewegung auch das Orchester ein Stück weit mitreißen kann.
Das DBO hat eine beachtliche Spannbreite von Polka, klassischer Blasmusik, Latin-Pop, Rock usw. in seinem Repertoire. Mir ist bei einem Konzert eine gewisse Diskrepanz zwischen dem Outfit (siehe Gruppenfoto) und dem Liedgut aufgefallen. Wie bekommt man, die an Schützenvereinstracht erinnernde Uniform unter einen Hut mit „Born to be wild“?
„Born to be wild“ Foto zur Verfügung gestellt vom DBO
Ich bin ja in erster Linie für die Musik zuständig und wir haben einen Vorstand, der über solche Sachen befindet. Aber ganz klar gesagt: Mich persönlich stört das in keinster Weise. Eine Uniform steht für die Tradition und die Herkunft eines Vereins. Sie ist auch heutzutage noch ein Identifikationsmerkmal, was die Vereinszugehörigkeit betrifft. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass im Festzelt bei den Schützenvereinen auch mal „Born to be wild gespielt“ wird.
Was sind die Ziele, die Sie sich mit dem DBO gesetzt haben? Die Anzahl der personellen Besetzung und natürlich die musikalische Qualität möchte ich gerne weiter steigern, wobei mir klar ist, dass es nicht immer steil bergauf gehen kann. Das Orchester muss aber in seiner Struktur so gefestigt sein, damit uns kleine Rückschläge nicht gleich aus der Bahn werfen. Die zurückliegenden Jahre waren sehr geprägt von der umfassenden Probenarbeit mit dem ganzen Orchester. Um nun mehr im Detail Verbesserungen zu erzielen, möchte ich in Zukunft gerne mehr Registerproben einführen.
Steht man in Konkurrenz zu den anderen Blasorchestern der Region? Man guckt natürlich mit Interesse, was die Vereine in der Umgebung machen, aber ich würde nie das Ziel ausgeben, wir müssen jetzt besser als die oder die sein. Je mehr gute Orchester es gibt, umso erfreulicher ist das für die Region. Egal auf welchem Anforderungsniveau wir uns bewegen, das, was wir an Musik spielen, muss immer gut sein. Das ist mein Anspruch.
Herr Kaul, ich bedanke mich für das Gespräch und wünsche Ihnen und dem Orchester weiterhin viel Erfolg. Das Gespräch führte B. Gennies am 17.06.2020
Nach zahllosen (= keine) Einsendungen ist es Zeit, die Rätselfrage zu der von mir ersonnenen Waldlauf-Erzählung (siehe unten) zu lösen. In der Geschichte ist die Rede von Sauerstoffwerken, die einen zu beklagenden Verlust des Gases durch künstliche Produktion auszugleichen suchten. Das war meinerseits schlecht recherchiert. Tatsächlich kann man Sauerstoff nicht künstlich herstellen (genauso wie Wasser übrigens). Nur Pflanzen, insbesondere Bäume, stellen über die Photosynthese den für uns so lebenswichtigen Stoff her.
Erstaunlicherweise ist der Anteil an O² in der Luft mit etwa 20,9 Vol.% über die Jahrhunderte sehr stabil und der Mensch braucht nur einen Bruchteil davon zum Leben. Aber wie man beim Spurengas CO² beobachten kann, sind vergleichsweise geringe Veränderungen schon in der Lage, das gesamte Weltklima und damit unsere Lebensbedingungen massiv zu verändern.
Im Erdzeitalter des Karbon (vor 300 Mio. Jahren) betrug der damalige Sauerstoffgehalt 35 Vol%. Dies soll u.a. der Grund für das Vorkommen der Riesenlibellen (Meganeura) mit 70 cm Flügelspannweite gewesen sein. Wer weiß schon, wie sich eine Abnahme des O²-Anteils auswirken würde?
Es gibt sie vielleicht seit zehn oder fünfzehn Jahren. Gummitunnelzüge mit verstellbarem Arretierknopf. Gefühlt findet man sie inzwischen an jeder zweiten Jacke oder Hose. Sie sind durchaus praktisch: Anfangs konnte ich den unteren Saum meiner Regenjacke eng und körperbetont um die Hüfte ziehen, so dass mir auf dem Fahrrad kein Wind meinen empfindlichen Rücken verkühlte. Mit den Jahren ließ dann die Spannkraft nach, nicht nur bei mir, sondern auch an meinem Gummitunnelzug mit Arretierknopf.
Knoten hilft noch eine Weile,
dann beginnt die Selbstauflösung
Viel zu früh, wie ich fand. Denn die Jacke war noch gut in Schuss. Und immer häufiger musste ich feststellen, dass diese praktischen Gummitunnelzüge so eine Art Sollbruchstelle sind. Mehrfach im Saum vernäht, lassen sie sich nicht austauschen und suggerieren die Notwendigkeit eines Neukaufs. Nicht mit mir!
Efeu ist berüchtigt. Seine Wurzeln kriechen ins Dunkle und Feuchte und haben die Kraft Mauern zu sprengen. Auf der anderen Seite bieten Efeuhecken Nahrung und Unterschlupf für Vögel und Insekten, bieten Schutz vor Katzen und Nesträubern und bilden äußerst wertvolle Biotope. In Odernheim gibt es sie noch!
Entdeckt in Steinhardt! Es scheint sich um ein Frühwerk des Künstlerehepaars Kubach-Wilmsen zu handeln. Schon erkennbar sind die später typischen abgerundeten Buchrücken. Angedeutet, wenn auch grob, sind die Buchseiten .
Skulpturenpark in Bad Münster am Stein-Ebernburg öffnet bald wieder
Vielen ist der Name Kubach-Wilmsen kein Begriff und viele waren noch nicht zu Besuch im Skulpturenpark Ebernburg. Ein Fehler! Seit den 60er Jahren (aus dieser Zeit scheint die Neuentdeckung zu stammen) hat sich das Ehepaar Kubach-Wilmsen auf der Ebernburger Anhöhe mit einem atemberaubenden Blick auf Nahe und Rotenfels angesiedelt. Seither haben sie sich weltweit einen Namen gemacht. Am bekanntesten dürften die vielen verschiedenen Varianten der Steinbücher sein, die man in zahlreichen Städten (z.B. Tübingen) und natürlich auch im Skulpturenpark wiederfindet.
Ein anders geartetes Kunstwerk ziert die Verkehrsinsel des Kreisverkehrs in Bad Münster am Stein auf der Straße Richtung Bad Kreuznach. „Die Umarmenden“ zieren den zentralen, vom hektischen Autoverkehr umströmten Platz und lassen beim Betrachten für kurze Momente den Alltagsstress vergessen. Für mich weit und breit die eindrucksvollste und schönste Gestaltung einer Verkehrsinsel. (Ein Duplikat ist auch im Skulpturenpark zu sehen)
Ein weiterer Grund sich die Skulpturen anzuschauen ist das 2010 fertiggestellte Museumsgebäude des japanischen Stararchitekten Tadao Ando. Nicht nur Architekturinteressierte pilgern hierher, um sich ein Bild von der sensiblen Baukunst zu machen. Nicht alles muss man ansprechend oder schön finden, ein Erlebnis für den wachen Museumsbesucher ist allemal, nicht zuletzt aufgrund der großartigen Umgebung.
Das Museum öffnet wieder am 5. Juli, vorerst wohl nur an Wochenenden.
Aufnahmen von sogenannten „Lost Places“ sind in den letzten Jahren modern geworden und finden sich hin und wieder in Zeitschriften oder auf Online-Portalen. In der Regel sind es Fotos von Gebäuden, die dem Verfall preisgegeben sind, in Vergessenheit geratene Reste einstmals dekorativer Inneneinrichtungen oder Häuser, die sich dem Zustand einer Ruine annähern und einen gewissen morbiden Charme ausstrahlen. Nach meiner Definition gibt es jedoch auch „Verlorene Orte“, die ganz frisch geschaffen wurden. Beispielhaft möchte ich auf die neue Garage vor der Odernheimer Grundschule in der Turnhallstr. aufmerksam machen. Wenn man bedenkt, dass vor nicht langer Zeit Odernheimer SchülerInnen auf diesem Grundstück Naturerfahrungen in einem Schulgarten sammeln konnten, dann verursacht mir der jetzige Anblick Schmerzen. Der Platz ist verloren für die Schüler und für ein ansprechendes Ortsbild.
Die hermetisch versiegelte und zugepflasterte Fläche in Verbindung mit der demonstrativen Schlichtheit der Straßenlaterne ruft bei mir Erinnerungen wach an Grenzposten der ehemaligen Grenze zur DDR. Es tut mir leid, wenn mein Urteil so harsch ausfällt, aber ich finde, mit solchen Bauprojekten verspielt Odernheim sein Potential und seinen Charme und ich frage mich: „Wer genehmigt so etwas?“ Leider ist dies nicht das einzige Beispiel und ich werde ab jetzt in unregelmäßigen Abständen weitere Aufnahmen von modernen „Lost Places“ in Odernheim präsentieren.
Ich weiß, es fällt eher schwer „so viel“ Text am Computer zu lesen. Es geht hier um eine autobiographisch gefärbte Erzählung, die ich mir im Jahr 2005 ausgedacht habe. Als zusätzliche Motivation diese Geschichte zu lesen, soll folgendes dienen:
Diese spannende Erzählung beinhaltet einen gravierenden sachlichen Fehler. Wer diesen Fehler erkennt und mir über die Kommentarfunktion benennt und mitteilt, gewinnt eine Einladung zu einem Eis (alternativ: Bier, Kaffee) im Café Augenweide in Odernheim zusammen mit (und das ist der Hammer!) dem verantwortlichen Redakteur und Autor der Geschichte. Zum Öffnen der Kommentarfunktion bitte doppelklicken auf der obersten Überschrift des betreffenden Beitrags! Unterhalb des Artikels öffnet sich dann ein Fenster.
WALDLAUF
Wie nahezu jedes Wochenende bereitete er sich vor: Auf seinen Waldlauf. Es war warm: Kurze Hose und ein Träger-Laufshirt reichten (Tanktops mochte er nicht). Er klickte sein Funktionsmodul an die diskret angebrachte Minikanüle und band sich sein Display ums Handgelenk. Schon seit langem hatten die handlichen Click-Chips die Pulsuhren abgelöst. Er hatte sich aber erst vor kurzem von der geliebten alten Technik, die noch mit dem guten alten Brustgurt funktionierte, trennen können.Mit dem Auto fuhr er zu dem Aussiedlerhof, wo er – damals noch mit Familie – fünf Jahre lang gewohnt hatte. Seinen wöchentlichen Waldlauf dort hatte er aus der Zeit beibehalten. Traditionell lief er die Strecke jetzt seit 16 Jahren. Wie gewohnt parkte er an der Feldscheune, die den Start seines geliebten Rituals markierte. Die Sonne schien. Eine Idylle aus dem Bilderbuch: Friedlich grasende Pferde, unbeschwertes Flöten eines Pirols in einer der Baumkronen und ein gelangweilt Richtung Dorfweiher trottender Hund. Ab und an hörte man entferntes Dröhnen eines Überlandjets. Ein vorbereitendes Dehnprogramm am Auto: Es sah aus, als wolle er sein Fahrzeug wegschieben. Es war aber nur die Wadendehnung, bei der er sich gegen das Auto abstützte. Die Waden waren sozusagen seine Achillesferse. Er ließ die Autotür ins Schloss fallen, sein Click-Chip piepte kurz, und los ging es mit rhythmischen Schritten auf den Feldweg, am Wald entlang. Ausreichend getrunken, fühlte er sich passabel in Form. Er passierte eine allein stehende Birke, deren Grün sich wohltuend vom trockenen und schon bleich wirkenden Kornfeld abhob. Der Feldweg führte geradewegs in den Wald hinein. Er liebte die hoch gewachsene Lärche mit den weichen Nadeln, die inmitten der Laubbäume stand und in den blauen Himmel ragte. Sein Puls war jetzt auf Betriebsniveau, wie ein kurzer ´Piep` ihm bestätigte. Der Weg stieg leicht an und ein paar Pfützen vom gestrigen Gewitter umkurvte er dynamisch.Vor Jahren hatte er an die inflationär durch den Wald preschenden Autofahrer noch selbst gefertigte Protokolle verteilt:
Lieber Autofreund !
Sicherlich, würden sie sich auch als Freund der Natur bezeichnen !? Aber hier muss ich sie korrigieren. Dies ist ein Widerspruch !
Denn: Autos haben im Wald NICHTS !!! zu suchen.
Wenn sie ein Fußballspiel besuchen, parken sie doch auch vor und nicht im Stadion. Bei einem Theaterbesuch fahren sie auch nicht bis in den Zuschauerraum oder gar auf die Bühne. Wenn sie schon die erholsame Ruhe (die noch da war, bevor sie mit ihrem Fahrzeug ankamen) des Waldes aufsuchen, warum nicht von Anfang an. Parkmöglichkeiten gibt es am Waldrand genug.
Sie (zer)stören die heilsame Sphäre des Waldes ! Als wenn es nicht genug asphaltierte Straßen gäbe? Ich freue mich, hier den Autos und dem Straßenverkehr entfliehen zu können. Als Pendler verbringe ich viel zu viel Zeit auf überfüllten Autobahnen und muss als Anwohner einer Bundesstraße mit dem dortigen Verkehrslärm leben. Deswegen, und das werden sie jetzt besser verstehen, reagiere ich allergisch, wenn mich Autos bis hierhin verfolgen, einem Refugium, in dem Abgasschleuder nichts zu suchen haben .
Also tun sie mir das nächste Mal bitte den Gefallen, lassen sie ihr Auto vor dem Wald stehen und genießen sie (von Anfang an), was er ihnen bietet und vernichten sie es nicht.
Mit freundlicher Empfehlung
B.G.
Er hasste es einfach auf seiner Waldlaufstrecke Autos zu begegnen. Er hasste die ausgeprägte Autokultur schlechthin und konnte es nicht nachvollziehen, wenn „Ralleyfreaks“ einen stillen Ort im Wald aufsuchten, um sich hier laut mit Technohits zuzudröhnen. Auch wenn er nicht an irgendeinen Gott glaubte. Dies war für ihn eine Form von Blasphemie und sein Waldlauf war ihm „heilig“.
Im Winter, wenn es mal geschneit hatte, waren die Wege immer schon von Reifenabdrücken gespurt. Was ja manchmal durchaus angenehm war, weil man besser laufen konnte. Aber die Vernunft bzw. die Notwendigkeit hatten sich inzwischen durchgesetzt: Jetzt herrschte absolutes Autoverbot im „Sauerstoffspender 1. Güte“, wie der Wald jetzt hieß. Er hatte höchste Schutzwürdigkeit erhalten und ein Autofahrer, der erwischt wurde, stand kurz vorm Führerscheinentzug.So hatte er es sich immer gewünscht. Jetzt bog er an einem Warnschild in einen Hohlweg, musste konzentriert auf die Unebenheiten des schmalen „singletrails“ achten und durfte sich nicht ablenken lassen von der Lichtung, die hell, mit verführerischen Farben durch das dunkle Laub schimmerte. Wenn ihm hier etwas passierte würde keine Versicherung etwas zahlen, wie seine Freunde ihm immer wieder vorhielten. Vor Wochen waren noch zwei Kinder, die sich trotz, der in den Medien ständig präsenten Warnungen auf das Feld hatten locken lassen regelrecht erstickt. Auch er spürte, dass die Luft dünner wurde und drosselte das Tempo, sein Click-Chip, der ja seine Blutwerte direkt auswertete und kontrollierte, blieb ruhig. Die fluoreszierenden Farbspiele, der Blumen und Gewächse, denen er sich jetzt bis auf 20 Meter näherte, gehörten zu einer neuen Spezies, die sich in den letzten drei Jahren entwickelt hatte und rasant ausbreitete. Bisher hatte die fieberhaft forschende chemische Industrie noch kein wirkungsvolles „Pflanzenschutzmittel“ entwickeln können.Die Gewächse hingegen hatten eine nahezu hypnotisierende Wirkung entwickelt und man fühlte sich magnetisch angezogen. Es waren keinegrellen Farben, wie die einer Neonreklame, nein, diese changierende bunte Vielfalt passte sich in die Landschaft ein. Wenn man sie sah, war der erste Gedanke: „Da muss ich hin, dass muss ich mir näher ansehen“. Die beiden Kinder wähnten sich möglicherweise im Paradies, doch es war ihr Verderben. Diese faszinierenden Pflanzen entzogen der Luft den Sauerstoff und machten dem Menschen zunehmend den Lebensraum streitig. Mechanische Vernichtungsversuche mit schwerem Gerät und sauerstoffversorgten Baggerführern waren kläglich gescheitert, so dass es plötzlich hieß: wir müssen mit dieser Gefahr umgehen lernen. Ausmerzen lässt sie sich zumindest derzeit nicht. Es wurden Sauerstoff-Werke gebaut, vor allem auf dem Land. Denn hier trat die Problematik gravierender zu Tage. In den Städten hielt sich das Ausmaß der Gefährdung in Grenzen, wenngleich die Ursache der wuchernden Botanikpest hier vermutet wurde. Da die O2-Werke neue Arbeitsplätze schafften, konnte die panisch einsetzende Landflucht gebremst werden. Mit dem Wachsen der Lobby der immer größer werdenden O2-Werke, empfanden manche Bevölkerungsschichten, die fatale Entwicklung schon als Segen. Es waren nicht wenige neue Arbeitsplätze entstanden.Mit leicht beschleunigtem Schritt entfernte er sich wieder vom lockenden Leuchten der Lichtung und seinem unheimlichen Bewuchs.Seine Strecke führte jetzt zu der lang gezogenen Steigung, die für ihn immer ein Gradmesser seiner Fitness war. Seine Muskeln waren nicht ganz locker und fühlten sich nicht ganz so geschmeidig an wie vergangenes Wochenende, als er Jahresbestzeit gelaufen war. Plötzlich hörte er ein rasch näher kommendes Motorengeräusch. Ein Wabern und Wummern, mit zunehmend beängstigender Lautstärke strich flach über die Baumkronen hinweg. Ein kleiner wendiger Helikopter setzte, nicht weit von ihm entfernt, zur Landung an. Er erinnerte sich, dass in der Nähe vor einem halben Jahr ein Hubschrauberlandeplatz eingerichtet worden war und wunderte sich noch, dass er nicht militärischen Zwecken dienen sollte. Er setzte seinen Lauf ohne Unterbrechung fort und hatte die störenden Geräusche schon vergessen, als er unvermittelt drei Sanitäter in Warnjacken vor sich auftauchen sah. Sie signalisierten ihm, stehen zu bleiben. Ohne dass er Zeit gehabt hätte sich zu wehren, wurde er auf eine Bahre gedrückt. Ruck-Zuck wurde sein Click-Chip gegen einen Infusionstropf ausgetauscht. Ehe er sich versah, lag er angeschnallt im Hubschrauber und zwei der drei Männer wirkten mit professioneller Pädagogik beruhigend auf ihn ein.Nun fiel ihm ein, dass sein Funktionsmodul mit einem Sender ausgestattet war und die Daten direkt an das nächstgelegene zentrale Krankenhaus übermittelt wurden. Irgend etwas musste passiert sein. „Was ist denn los ?“, fragte er einen der beiden Ersthelfer.
„Kein Grund zur Besorgnis“
Später stellte sich heraus: Sein Click-Chip hatte fehlerhafte Daten (einen bedenklich hohen Bikarbonatwert) an die Zentrale übermittelt. Nach eingehender Untersuchung war er wieder entlassen worden. Er hatte sich höflich bedankt, war erleichtert wieder nach Hause zurückgekehrt, ging ins Bad, entfernte vorsichtig die Kanüle und entsorgte sie mitsamt Click-Chip in der Restmülltonne.